(Bericht Coop Zeitung  19.Februar 2008)

1 0 0 J a h r e T o b l e r o n e

Das Geheimnis des «süssen» Dreiecks

Sein Grossvater erfand die legendäre Toblerone jetzt hat sich Andreas Tobler, Enkel des Firmengründers, intensiv mit dem Inbegriff der Schweizer Schoggi befasst und Erstaunliches zutage gefördert. COOPZEITUNG: Sie haben ihren Grossvater nie kennengelernt... ANDREAS Tobler: Mein Grossvater Theodor Tobler starb leider 17 Jahre vor meiner Geburt. Woher kommt Ihr Interesse für den «Unbekannten»? Mein Vater und meine Onkel haben mir ab und zu von meinem charismatischen Grossvater dessen Idealen erzählt, da wurde ich neugierig. Welche Ideale? Er war nicht nur visionärer Unternehmensdenker der Gespür für die richtigen Produkte hatte. Theodor Tobler war auch eine schillernde Persönlichkeit. Zum Beispiel trat er als bekennender Freimaurer und bürgerlicher Pazifist schon Anfangs des 20.Jahrhunderts für Abrüstung und ein vereintes Europa ein. Er war seiner Zeit voraus - nicht nur in Sachen Schokolade? Ja, denn er hat neben der Produktqualität auch dem Marketing grösste Bedeutung beigemessen und früh global gedacht. Wie meinen Sie das? Im Alter von 18 Jahren stieg er in das Konfiseriegeschäft seines Vaters ein und erkannte bald, dass ein Ueberleben nur mit einer gewissen Grösse möglich war. 1899 gründete er die Schokoladenfabrik Tobler & Co., die schnell auch für den Export produzierte. Er studierte intensiv die ausländischen Märkte und passte diesen seine Werbung an. So stiess die Firma innerhalb kurzer Zeit in die ersten Ränge der Branche vor. Mehr oder weniger von 0 auf 100 ...? Das war eine riskante Strategie, die zumindest zu Beginn funktionnierte. Theodor Tobler war schnell klar, dass er mit besonderen Produkten auffallen musste, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Wann kam Tobler die Idee zur Toblerone? Das kann man nicht genau sagen. Immer auf der Suche nach neuen Schokoladenmischungen schickte Tobler seinen Cousin Emil Baumann, der ebenfalls bei Chocolat Tobler arbeitete ins Elsass. Dort sollte er sich umsehen, was die ausländische Konkurrenz so trieb. ...mit Erfolg? Emil Baumann brachte 1908 Nougat de Montélimar nach Bern, eine besondere Mischung aus Mandeln und Honig. Tobler war sofort fasziniert. Beide sollen am gleichen Tag in der Küche verschwunden sein, um mit dem neuen Rohstoff zu experimentieren. Gemeinsam haben sie die Rezeptur für die Toblerone entwickelt. Und woher stammt die dreieckige Form? Die war nicht wirklich neu. Es gab bereits Schokoladenpulver, das in einer dreieckigen Verpackung verkauft wurde. Aber die Idee, Schokolade mit Zacken in einem länglichen pyramidenförmigen Form anzubieten war neu. War, wie viele glauben, das Matterhorn Inspiration? Gegen diese Theorie spricht, dass das Matterhorn auf der Originalverpackung keine Rolle spielte. Abegebildet wurde nicht das berühmte Wahrzeichen, sondern das Firmenlogo: ein Adler mit Schweizer und Berner Fahne in den Krallen. Erst in den 1920er- Jahren wird in der Reklame der Zusammenhang zwischen Matterhorn und Tobler gesucht. Dass das Matterhorn bis heute als Vorbild für die Toblerone dargestellt wird, ist ein Trick des Marketings. Die zweite Theorie? Das Dreieck ist bei den Freimaurern als Form Flamme Symbol für das Licht der Erkenntnis und repräsentiert das Gute. Und da mein Vater ein Freimaurer war.... Was glauben Sie Mein Vater hat mir erzählt, dass Theodor Tobler 1906 wegen einer Messe in Paris gewesen sei. Dort habe er ein Revuetheater besucht und - kurz bevor der Vorhang fiel - hätten die Tänzerinnnen als Schlussbild eine Pyramide gebildet. Und seitdem sei bei meinem Grossvater das Dreieck zur «fixen Idee» geworden. Das ist meiner Meinung der Hauptgrund für die Form. Die Toblerone hatte bald die ganze Welt erobert ... Ja, so wurde sie zum Beispiel schon vor dem 1.Weltkrieg in Neuseeland verkauft. Was war das Geheimnis des Erfolgs? Die schweizerische Milchschokolade war ein weltweit renommiertes Qualitätsprodukt. Von diesem Ruf profitierte auch die Toblerone. Und die innovative Form der Toblerone war einfach sehr auffallend. Nicht zu vergessen auch die enorme Reklame, die schon am Anfang des 20.Jahrhunderts gemacht wurde. Die Blechschilder - nicht nur jene von Tobler - hingen schon damals in jedem Kurort. Man nannte das übrigens «Blechpest». Wie wirkte sich der 1.Weltkrieg auf die Schokoladenproduktion aus? Das war die absolute Hoch-Zeit der Schokolade, da sie für die Soldaten als kräftigende Wegzehrung entdeckt wurde. Die Schokoladenbranche hat also vom Krieg profitiert. Niemals wurde mehr Schokolade aus der Schweiz exportiert als damals - bis heute ist das so. Aber Ihr Grossvater hatte nicht nur Glück ... Ja, die Lage verschlechterte sich in den schwierigen 20er- Jahren, und die Erschliessung des amerikanischen Marktes mündete in einem kostspieligen Misserfolg. Das Unternehmen stand am Abgrund und Theodor Tobler musste auf Druck der Banken als Direktor zurücktreten. Was geschah dann mit Chocolat Tobler? Die Sanierer konzentrierten sich zunächst auf den Schweizer Markt und konnten als deutlich kleineres Unternehmen auch wieder Gewinne schreiben. So kam man auch durch die schwierige Zeit des 2.Weltkriegs. Und danach? Es ging langsam wieder bergauf. Schokolade und somit auch die Toblerone wurde für die Massen erschwinglich. Bedenken Sie: 1915 musste ein Arbeiter 1,5 Stunden arbeiten um sich eine Toblerone leisten zu könnnen. Früher war Schokolade also ein Luxusprodukt. Später ging dann Chocolat Tobler in fremde Hände ... Ja, Tobler wurde 1970 von Suchard übernommen, einen anderen Schweizer Schokoladenhersteller, dessen wohl bekannte Schokoladenmarke Milka ist. 1982 kam das Unternehmen in die Hände des deutschland-schweizerischen Unternehmers Klaus J. Jacobs, der es seinerseits 1990 an den Tabakkonzern Philip Morris verkauft hat. Seitdem gehört die Toblerone zu dessen Nahrungsmittelgruppe KRAFT FOODS. Was hat sich für die Toblerone geändert? Eigentlich nichts - im Gegenteil: Kraft Foods hat sich entschlossen, die Herstellung der Toblerone, die Ende der 80er Jahre auf 13 Länder verteilt war, in der Schweiz zusammenzufassen. Dann darf die Toblerone also das Gütesiegel «swiss made» tragen? Genau! Und von der Schweiz wird die Toblerone in über 120 Länder geliefert. Uebrigens kommen die Hauptbestandteile Milch und Zucker aus der Schweiz. Welche Toblerone-Varianten mögen Sie am liebsten? Ich esse gar nicht so viel Schokolade. Sonst würde ich ganz anders aussehen..(Lacht..). Lange Jahre habe ich vor allem von der weissen Toblerone genascht. Jetzt habe ich die neue Variante «Fruit & Nut» entdeckt. Vor allem in den kühleren Jahreszeiten ist sie ein Genuss.


Ab 2024 soll ein Teil der Toblerone-Produktion in die Slowakei verlagert werden.


4500px x 2100px


  

 


Weitere Toblerone-Links:


SRF Spuren der Zeit: Das süsse Dreieck (Video)

https://www.swissinfo.ch/ger/eine-hundertjaehrige-dreiecksgeschichte/6375864

Toblerone-Krieg:
https://www.zala.ch/der-toblerone-krieg/?lang=fr

Restaurant Atlantis Basel
https://www.parterre.net/de/parterre-basel/nachhaltigkeit?news=217


Urs Schneider: Mehr als Toblerone - Die wechselhafte Geschichte der Chocolat Tobler (PDF)


© 2008 Coop Zeitung Schweiz Suisse Svizzera© 2008-2023 Gemeindenblick Bern